Stellungnahme zum Gesetzesentwurf eines Fünften Medienrechtsänderungsgesetzes

Die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz nahm am 19.08.2016 im Rahmen der Anhörung des Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien im Landtag von Sachsen-Anhalt Stellung zum Gesetzesentwurf eines Fünften Medienrechtsänderungsgesetzes. Dabei lag der Fokus auf folgenden Punkten:

  1. Vereinheitlichung der Altersstufen von Jugendschutzgesetz und Jugendmedienschutzstaatsvertrag (§ 5 Abs. 1 Satz 2 JMStV-E)
  2. Neue Regelung für Jugendschutzprogramme (§ 11 Abs. 1 JMStV-E)
  3. Vereinfachung des Jugendmedienschutzes und zentrale, überschaubare Informationsangebote
  4. Förderung von Medienkompetenz

Vereinheitlichung der Altersstufen von Jugendschutzgesetz und Jugendmedienschutzstaatsvertrag (§ 5 Abs. 1 Satz 2 JMStV-E)

Der Kinder- und Jugendschutz in den Medien wird in Deutschland durch eine Vielzahl an Institutionen und Einrichtungen wahrgenommen. Er ist für Eltern, Heranwachsende und Pädagogen dadurch häufig schwer zu durchschauen. Dazu kommt, dass bislang einmal getroffene Bewertungen und Entscheidungen zur Altersfreigabe in der Regel nur für den jeweiligen Verbreitungsweg gelten. Der gleiche Inhalt muss beispielsweise trotz erfolgter Prüfung als Fernsehprogramm für eine DVD-Verbreitung erneut bewertet werden.
In der geplante Angleichung und Festlegung der Altersstufen im Jugendmedienschutzstaatsvertrag entsprechend dem Jugendschutzgesetz („ab 6 Jahren“, „ab 12 Jahren“, „ab 16 Jahren“ und „ab 18 Jahren“) sieht die Servicestelle Kinder- und Jugendschutz daher eine sinnvolle Grundlage für einheitliche Alterskennzeichnung. In Familien, bei Eltern und Heranwachsende sind diese Altersstufen bekannt; ebenso sind sie am Markt etabliert. Diese Vereinheitlichung trägt so zur Klarheit bei den Konsumenten und zur Rechtssicherheit bei Anbietern, Sendern und Vertreibern bei. Zeit- und ressourcenbindende Doppelprüfungen entfallen.

Neue Regelung für Jugendschutzprogramme (§ 11 Abs. 1 JMStV-E)

Der technische Jugendmedienschutz mit seinen Jugendschutzprogrammen bietet einen Rahmen, in dem sich Kindern und Jugendliche in Medienangeboten bewegen können. Dieser wird aber selten genutzt und ist längst nicht umfassend wirksam. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) drei Jugendschutzprogramme (Kinderschutz Software, JusProg-Jugendschutzprogramm und SURF SITTER) anerkannt. Aber auch diese erfüllen nicht die Erwartungen der KJM: Ein Anfang 2015 durchgeführter Test durch jugendschutz.net zeigte maximal befriedigende Filterquoten, bei Gewaltdarstellungen oder Rassismus wurde jedes zweite Angebot falsch behandelt. Darüber hinaus sind Verbreitung und Akzeptanz derartiger Lösungen noch immer stark unterrepräsentiert. Nach Recherchen des AK Zensur liegt beispielsweise der Anteil der Nutzer der Kindersuchmaschine „Blinde Kuh“, die im 1. Quartal 2016 ein anerkanntes Jugendschutzprogramm nutzten, unter 0,25 Prozent. Für Plattformen wie Apple OS X, Linux oder Spielkonsolen gibt es keine zugelassenen Jugendschutzprogramme.
Insofern ist der neu gefasste § 11 lediglich ein Schritt, um die Entwicklung praktikabler und effektiver Jugendschutzsysteme voranzutreiben. Hier besteht besonderer Handlungsbedarf bei mobilen Endgeräten.
Notwendig sind aus Sicht der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz jedoch vor allem niedrigschwellige Informationen zur Mediennutzung Heranwachsender und die Vermittlung praktischer Handlungskompetenzen bei Eltern. Um die Eigenverantwortlichkeit von Erziehungsberechtigten zu fördern, braucht es dauerhafte flächendeckende aufsuchende Angebote.

Vereinfachung des Jugendmedienschutzes und zentrale, überschaubare Informationsangebote

Auch nach der Optimierung durch den vorliegenden Gesetzesentwurf sind zahlreiche Gremien, Institutionen und Einrichtungen für den Kinder- und Jugendschutz in den Medien zuständig. Wenn Eltern, Erziehungspersonen und junge Menschen die rechtlichen Regelungen verstehen und die Akteure kennen sollen, ist perspektivisch eine weitere Vereinheitlichung und Vereinfachung von Strukturen notwendig.
Hilfreich gerade für Kinder, Jugendliche und Erziehende sind zudem zentrale Informations- und Beratungsstellen. Bundesweite Initiativen und Angebote der Beratung sind sehr vielseitig und so auch sehr unübersichtlich. Neben internet-abc, jugendschutz.net, klicksafe.de, SCHAU HIN! oder juuuport gibt es zahlreiche weitere Projekte. Eine Vernetzung und Bündelung der Angebote und ergänzende regionale Anlaufstellen helfen Ratsuchenden.

Förderung von Medienkompetenz

Eltern bewerten das mediale Verhalten ihres Nachwuchses “vielfach als bedrohlich”, vor allem auch, weil sie sich auf der technischen Ebene weniger medienkompetent fühlen als ihre Kinder. Sie fühlen sich nicht ausreichend informiert und erleben, dass ihnen technische Hilfsmittel nicht oder nur wenig helfen.
Gefragt sind daher umfassende medienpädagogische Angebote zum Kompetenzerwerb in Bildung und Jugendarbeit sowie im familiären und generationsübergreifenden Kontext. Die Vermittlung von Medienkompetenz muss sich an alle Zielgruppen (Eltern, Heranwachsende und Pädagogen) richten. Sie braucht eine aufeinander aufbauende verbindliche Struktur, die kontinuierlich sowie vernetzt funktioniert. Die inhaltlichen Schwerpunkten müssen sich an den jeweiligen Entwicklungsaufgaben der Kinder und Jugendlichen orientieren.

 

Zu Fragen des Jugendangebotes verweisen wir auf unsere Stellungnahme zum offenen Konsultationsverfahren für das Jugendangebot von ARD und ZDF vom 31.07.2015. Darüber hinaus schließen wir uns der Stellungnahme des Kinder- und Jugendrings Sachsen-Anhalt e.V., dessen Mitglied wir sind, bezüglich des Rundfunkbeitrages an.

2016_08_19_Stellungnahme_fünftes_Medienrechtsänderungsgesetz_