Kinderbilder im Netz – von Familybloggern zu Kidfluencern

Eine Information für Familien und Fachkräfte

Gemeinsam auf dem Sofa sitzen, das Familienalbum anschauen und in Erinnerungen schwelgen – das war gestern. Heute bieten soziale Online-Netzwerke die Möglichkeit, jeden privaten Schnappschuss mit Verwandten, Freunden und Fremden zu teilen. Während Familienfotos zuvor ausgedruckt und im Fotoalbum aufbewahrt wurden, sind sie heute zahlreich im Internet zu finden – und das für die ganze Welt.
Dabei ist das Sharenting, wie das Teilen von Kinderfotos und -videos auch genannt wird, schon lange nicht mehr nur private Angelegenheit: Familienblogger sowie Mom- und Kidfluencer können mit ihrem Social-Media-Auftritt viel Geld verdienen. Neben weiteren Vorteilen wie dem kreativen Ausleben und der gesellschaftlichen Teilhabe im Onlinebereich birgt dieses Phänomen aber auch zahlreiche Risiken. Dürfen Kinder überhaupt als Influencer arbeiten? Und ist das Teilen von Kinderfotos auf Sozialen Netzwerken für jeden und jede uneingeschränkt möglich? Diese Handreichung soll eine Orientierung geben, welche gesetzlichen Regelungen beim privaten und kommerziellen Teilen von Kinderfotos und -videos zu beachten sind.

Sind Kinderbilder im Internet legal?

Bei jedem Sharenting, ob für private oder gewerbliche Zwecke, müssen insbesondere die Persönlichkeitsrechte, die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), das Sorgerecht und das Kindeswohl in den Blick genommen werden. Die UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) beispielsweise, die auch für den digitalen Bereich Anwendung findet, fordert die vorrangige Berücksichtigung des Kindeswohls sowie des Kindeswillens. Eine Veröffentlichung von Kinderbildern darf in diesem Sinne keine Gefährdung des Kindeswohls darstellen und sollte sich am Willen des abgebildeten Kindes orientieren. Regelungen zum Kindeswohl und der damit verbundenen elterlichen Sorge finden sich zudem im Bürgerlichen Gesetzbuch. Wann genau von einer Kindeswohlgefährdung auszugehen ist, muss häufig im Einzelfall entschieden werden. Doch auch wenn keine Gefährdungslage vorliegt, gelten für Kinder weiterhin Persönlichkeitsrechte, die unter anderem im Grundgesetz (GG) sowie im Kunsturhebergesetz („Recht am eigenen Bild“) festgehalten sind. Jede Person darf prinzipiell selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang das eigene Leben im Internet preisgegeben wird.
Im Falle von Heranwachsenden kollidieren beim Sharenting allerdings nicht selten Persönlichkeitsrechte der Kinder mit dem Elterngrundrecht gemäß Art. 6 Abs. 2 GG. Dieses benennt die Pflege und Erziehung der Kinder als natürliches Recht der Eltern. Doch auch das Elterngrundrecht unterliegt Beschränkungen. Im aktuellen Rechtsgutachten des Deutschen Kinderhilfswerks schreiben die Autor*innen, dass mit „abnehmender Pflege- und Erziehungsbedürftigkeit sowie zunehmender Selbstbestimmungsfähigkeit des Kindes“ die Befugnisse der Eltern zurückgedrängt werden:

https://www.dkhw.de/filestorage/1_Informieren/1.1_Unsere_Themen/Kinder_und_Medien/Kinderfotos_im_Netz/Dateien/DKHW_Campact-Studie-Kindeswohlgefaehrdung_2024.pdf

Kurz gesagt: Abbildungen oder Videos von Kindern dürfen von Eltern im Internet veröffentlicht werden, solange das Hochladen weder das Kindeswohl beeinträchtigt noch entgegen des Kindeswillens geschieht bzw. das betreffende Kind seinem Entwicklungsstand entsprechend in die Entscheidung miteinbezogen wurde.
Absolut unzulässig sind kinder- und jugendpornografische Inhalte nach §184b und §184c Strafgesetzbuch. Dazu zählen Abbildungen, auf denen Heranwachsende unter 14 Jahren bzw. unter 18 Jahren ganz oder teilweise unbekleidet sowie in sexuell anzüglichen Posen zu sehen sind. Dieser Straftatbestand kann unter Umständen auch erfüllt sein, wenn z.B. eine 13-Jährige auf TikTok eine beliebte Choreografie nachtanzt, welche in Teilen sexuell aufreizend erscheint. Hier ist also in jedem Falle Vorsicht geboten.

Kinder- und Familieninfluencer

Grundsätzlich ist beim Veröffentlichen von Kinderfotos und -videos zwischen privaten Gründen und gewerblichen Interessen zu trennen. Denn erfolgt das Teilen durch gewerbliche Nutzer*innen mit kommerziellem Zweck, lädt also ein/e Influencer*in für eine Werbekooperation ein Foto ihres Kindes mit einem bestimmten Spielzeug hoch und erhält dafür Geld, so kommt das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) ins Spiel. Dabei ist es irrelevant, inwiefern das Kind diese Tätigkeit selbst als Arbeit wahrnimmt, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt oder ob das Kind eine Vergütung erhält. Vielmehr muss bewertet werden, inwieweit diese Tätigkeit das Kind in Anspruch nimmt, ob es also aktiv an der Werbung mitwirkt bzw. den Inhalt mitgestaltet.
Der Beschäftigungsbegriff ist damit dehnbar und muss wieder im Einzelfall beurteilt werden. Zutreffen könnte er aber beispielsweise auf einen Kinderinfluencer, der als Protagonist in Videos auf dem von den Eltern betriebenen YouTube-Kanal zu sehen ist und dabei in einer Kooperation mit einer Süßigkeitenmarke Schokolade verköstigt. Bei einem einmalig abgebildeten Kind einer Influencerin in einem Beitrag ohne direkten Werbezweck dürfte eine Beschäftigung hingegen wohl weniger naheliegend sein.

Ist tatsächlich von einer Arbeit nach JArbSchG auszugehen, so muss die Tätigkeit bei den nach Landesrecht zuständigen Aufsichtsbehörden gemeldet werden, in Sachsen-Anhalt sind das die Dezernate im Fachbereich 5 des Landesamtes für Verbraucherschutz. Diese können die Tätigkeit schließlich unter strengen Voraussetzungen genehmigen. Die Eltern sind in einem solchen Fall nicht mehr nur als Sorgeberechtigte in der Pflicht, das Kindeswohl zu gewährleisten, sondern müssen sich darüber hinaus als Arbeitgeber*innen an die im JArbSchG festgelegten Regeln zu Arbeits- und Pausenzeit halten.

Eine Ausnahme bilden alle unter Dreijährigen: Für diese Gruppe gilt das JArbSchG nicht, weil ein generelles Beschäftigungsverbot vorliegt. Kinder in diesem Alter dürfen nur in ihren natürlichen Lebensäußerungen gefilmt und fotografiert werden. Was genau dazu zählt, entscheiden letztendlich die Sorgeberechtigten.

Was können Eltern und Pädagog*innen tun?

Beim Teilen von Kinderbildern und -videos muss in jedem Falle bedacht werden, dass Heranwachsende aufgrund ihres Alters und Entwicklungsstandes eine besonders schützenswerte Gesellschaftsgruppe darstellen. Eltern und Erziehende sollten demnach immer vorrangig das Kindeswohl sowie den Kindeswillen berücksichtigen. Nicht immer ist Erwachsenen bewusst, welche möglichen Konsequenzen sich aus dem Hochladen von Inhalten ins Internet ergeben. Kinderfotos können demnach abgespeichert und verbreitet, Jahre später für (Cyber-)Mobbing genutzt oder in pädokriminellen Netzwerken gestreut werden. Hier gilt der Grundsatz: Was einmal im Internet ist, bleibt im Internet. Zudem sollten insbesondere Aufnahme in intimen Momenten oder von Kindern in starken emotionalen Zuständen besser nicht mit der ganzen Welt geteilt werden, auch wenn Erwachsene den Inhalt als vermeintlich harmlos bewerten. Als Beispiel kann hier die „Egg-Crack-Challenge“ aufgeführt werden, bei der Eltern in Videos auf TikTok ein Ei am Kopf ihrer (Klein-)Kinder aufgeschlagen haben. Die emotionalen Reaktionen der Kinder dienten dabei der Unterhaltung (LINK).
Pädagog*innen müssen sich im Rahmen der DSGVO beim Erstellen und Veröffentlichen von Kinderbildern die Einwilligung der Eltern einholen, sollten aber im Sinne der UN-KRK auch die abgebildeten Kinder selbst nach dem Einverständnis fragen. So lernen auch Heranwachsende früh, dass jeder Mensch Persönlichkeitsrechte besitzt, die geachtet werden müssen.

Sollte ein Kind allein oder gemeinsam mit den Eltern einen Social-Media-Account mitgestalten oder bei einzelnen Beiträgen mitwirken und in diesem Zusammenhang Einnahmen generieren, so muss diese Beschäftigung bei den zuständigen Aufsichtsbehörden gemeldet und die Regelungen des JArbSchG streng beachtet werden.

Wo gibt es Hilfe und Unterstützung?

Projekte zum Jugendmedienschutz für Heranwachsende sowie Informationen und Fortbildungen für Fachkräfte gibt es unter

www.servicestelle-jugendschutz.de

Merkblatt der Aktion Jugendschutz Nordrhein-Westfalen „Kleine Stars direkt aus dem Kinderzimmer: Kinderinfluencer*innen“:

https://ajs.nrw/wp-content/uploads/2024/11/AJS-Merkblatt_Kidfluencing_10-2024.pdf

Handlungsempfehlung Kinderinfluencing der FSM:

https://www.fsm.de/files/2022/03/2020_handlungsempfehlungen_kinder-influencing.pdf

Rechtsgutachten des Deutschen Kinderhilfswerkes „Kindeswohlgefährdung durch kommerzielle Veröffentlichung von Kinderfotos und -videos im Internet“:

https://www.dkhw.de/informieren/unsere-themen/kinder-und-medien/kinder-und-influencing/

Leitfaden der Medienanstalten zur Werbekennzeichnung bei Online-Medien:

https://www.die-medienanstalten.de/fileadmin/user_upload/die_medienanstalten/Service/Merkblaetter_Leitfaeden/Leitfaden_Werbekennzeichnung_Onlinemedien_ua.pdf

Stellungnahme des Landesbeauftragten für Datenschutz:

https://datenschutz.sachsen-anhalt.de/service/medienkompetenz/auszuege-aus-tbs/514-recht-am-eigenen-bild-bei-kindern-und-jugendlichen

Stand: 14.05.2025 | Autor*innen: Anna-Lisa Nikoleizig | V.i.S.d.P.: Olaf Schütte

 

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