Stellungnahme zur Novellierung des SGB VIII

fjp>media ist der Verband junger Medienmacher in Sachsen-Anhalt. Der Verband unterstützt junge Menschen, die selbstbestimmt Medien machen wollen. In unserer medienpädagogischen Bildungs- und Freizeiteinrichtung Medientreff zone! erlernen Kinder und Jugendliche einen reflektierten und kreativen Umgang mit Medien. Für junge Medieninteressierte organisiert fjp>media im Rahmen des außerschulischen Jugendbildung landesweit Workshops und Seminare rund ums Medienmachen. Zudem ist fjp>media Träger der Servicestelle Kinder- und Jugendschutz. Ein multiprofessionelles Team realisiert Projekte und Bildungsangebote, Information und Beratung sowie Netzwerkarbeit und Fortbildungen zu Fragen des Kinder- und Jugendschutzes.

Mit Blick auf unsere maßgeblichen Arbeitsbereiche möchten wir wie folgt Stellung zum Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (Kinder- und Jugendstärkungsgesetz – KJSG) nehmen:

Wir kritisieren den Prozess der Gesetzesnovellierung, der wenig transparent ist und daher eine fachliche Begleitung erschwert. Die Frist einer möglichen Stellungnahme zum aktuell vorliegenden Entwurf ist zu kurz, um einen dringend notwendigen Meinungsbildungsprozess wesentlicher Akteure der Kinder- und Jugendhilfe wie etwa Verbände oder Jugendhilfeausschüsse solide realisieren zu können. Da insbesondere Erfahrungen und Einschätzungen aus der praktischen Arbeit Eingang in die Gesetzesnovellierung finden sollten, muss der Prozess mit ausreichend langer Beteiligungsmöglichkeiten realisiert werden. Dies ist hier leider nicht erfolgt.

Zu den einzelnen geplanten Gesetzesänderungen:

§ 1 Recht auf Erziehung, Elternverantwortung, Jugendhilfe

Wir begrüßen die Erweiterung um den neuen Absatz 3. Partizipation ist ein wichtiger Grundsatz, der junge Menschen als mündig betrachtet und ihnen Teilhabe und Mitbestimmung in für sie relevanten Lebensbereichen ermöglicht. Dies gesetzlich festzuschreiben, setzt ein deutliches Zeichen.

§ 9a Ombudsstellen

Die Ombudsstelle als externe und unabhängige Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche sowie deren Familien gesetzlich in der Kinder- und Jugendhilfe zu verankern, befürworten wir. Hier sollte der Gesetzgeber jedoch eine gebundene Entscheidung festschreiben und die Einrichtung von Ombudsstellen nicht vom Ermessenspielraum des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe abhängig machen. Nicht geregelt ist, wo Ombudsstellen verortet werden sollen, um die Unabhängigkeit der Beratung zu gewährleisten und wie insbesondere auch Kinder und Jugendliche auf das Angebot aufmerksam gemacht werden können.

§ 14 Erzieherischer Kinder- und Jugendschutz

Mit der Erweiterung um den Satz „Von diesen Maßnahmen ist auch die Vermittlung von Medienkompetenz umfasst.“ in Absatz 2 wird die Vermittlung von Medienkompetenz als Aufgabe der Kinder- und Jugendhilfe im Rahmen des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes stärker betont. Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen sind heute vor allem medial sehr stark geprägt. Viele jugendschutzrelevante Themen finden daher auch medial statt: in Filmen, Videospielen oder dem Internet. Medienkompetenz, die ermöglicht Quellen infrage zu stellen, Produktionsprozesse einzuordnen und Inhalte kritisch zu hinterfragen, ist daher eine wesentliche Schlüsselkompetenz. Die Neuerung der Rechtsnorm trägt dieser Tatsache Rechnung und unterstreicht die immanente Zugehörigkeit des Arbeitsbereichs  zur Kinder- und Jugendhilfe. Konsequenterweise sollte die Vermittlung von Medienkompetenz  jedoch auch in § 11 Absatz 1 Satz 1 bzw. 2 verankert werden. Hier gehört im aktuellen lebensweltlichen Bezug medienpädagogische Arbeit unbedingt benannt.

§ 72a Tätigkeitsausschluss einschlägig vorbestrafter Personen

Die Aufnahme des § 201a Absatz 3 StGB in die Liste der relevanten Straftaten für einen Tätigkeitsauschluss von Beschäftigten in der öffentlichen und freien Jugendhilfe bewerten wir positiv. Kritisch anzumerken ist allerdings, dass privat‐gewerbliche Anbieter (z.B. von Jugendreisen) weiterhin von dieser Regelung nicht erfasst werden. Hier besteht dringender Bedarf der gesetzlichen Regelung.

2017_03_22_Stellungnahme_Novellierung_SGB_VIII